Mundspatel, OP-Handschuhe und Co. bald mehrfach verwendbar?

Wer kennt nicht die Situation beim Arzt, wenn er sich mit Hilfe eines Mundspatels aus Holz einen besseren Einblick in den Rachenraum verschafft. Bald könnte es sein, dass bereits ein Patient davor dieselbe Spatel im Mund hatte. Noch im September sollen EU-Parlament, EU-Rat und EU-Kommission eine neue Medizinprodukte-Verordnung fixieren. Diese ist auch für Deutschland und Österreich unmittelbar bindend, beinhaltet aktuell aber noch einige sonderbare Blüten. AUSTROMED-Geschäftsführer Mag. Philipp Lindinger: „Die Möglichkeit der Wiederaufbereitung von Einweg-Medizinprodukten stellt ein kaum einschätzbares Risiko für Patienten dar, vom ethischen Aspekt ganz abgesehen. Reste von Blut, Speichel usw. sind in vielen Fällen nicht zu 100 Prozent entfernbar. Die Erlaubnis, derart verunreinigte Medizinprodukte z.B. alleine durch Desinfizierung und Sterilisierung wieder aufzubereiten, würde unser Gesundheitssystem um Jahrzehnte zurückwerfen. Mit dem Kostenargument sind solche Vorschläge alleine nicht erklärbar, meist kommt die Anschaffung eines neuen Medizinprodukts günstiger.“

Zusätzlich empfiehlt der EU-Rat, dass jedes EU-Mitgliedsland selbst seine Regeln bezüglich der Wiederaufbereitung machen darf. So würden eine Vielzahl von Varianten eines Originalproduktes geschaffen werden, die unterschiedlich hohe Sicherheitsniveaus aufweisen. Krankenhäuser würden sogar davon ausgenommen sein, den gleichen hohen Sicherheitsanforderungen wie bei Originalherstellern notwendig, folgen zu müssen. Lindinger: „Dies widerspricht dem Gedanken einer einheitlichen europäischen Vorgehensweise. Ein Produkt könnte in einem Land mit niedrigen Auflagen aufbereitet werden und in einem anderen Land Verwendung finden. Die Patienten hätten keinen Einblick und wären diesem Wildwuchs hilflos ausgeliefert.“

Neue Verordnung führt zu untragbarer Belastung von Herstellern

Auswertungen zeigen deutlich, dass aktuell das europäische und US-amerikanische System für die Zulassung von Medizinprodukten gleich sicher sind. Das europäische System ist aber um 50 bis 70 Prozent schneller, sodass ein EU-Patient zwei bis drei Jahre früher als in den USA ein innovatives Produkt erhält. Die neue Verordnung sieht für die Zulassung spezieller Produkte noch mehr Bürokratie, Kontrollauflagen und Administrationsaufwand vor. Und das, obwohl das Sicherheitsniveau schon überdurchschnittlich ist. Anlass für diese Maßnahmen dürften die Vorfälle mit gefälschten Brustimplantaten in Frankreich sein.

Lindinger: „Kriminelle Machenschaften können mittels dieser Anlassgesetzgebung nicht verhindert werden. Es ist kein Zulassungs-, sondern ein Vollzugsproblem. Klein- und Mittelbetriebe sollen durch die geplanten Auflagen in einem untragbaren Ausmaß behindert werden, was die Innovationskraft senkt und die Kosten der Produkte erhöht. Das kann nicht im Sinne der Patienten sein.“

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